MAREK SZULAKIEWICZ
FREIHEIT
UND RELIGIONEN - VORWORT
Wenn man die Welt der Religion
beobachtet, kann man
fälschlicherweise annehmen, dass die
Freiheit keine religiöse
Kategorie ist und es scheint, dass
sie dabei wenig hilfreich ist.
Diese Beobachtungen ergeben sich
hauptsächlich daraus, dass
Religionen oft einen großen Beitrag
zur Kultur geleistet haben,
doch selten leisteten sie dazu
Freiheit. Obwohl die Gründer der
großen Religionen oft die Begriffe „Befreiung“,
„Erlösung“,
„Loslösung“ gebrauchen, so verlor
sich die Freiheit schnell
irgendwie in den Mäandern der
religiösen Doktrin, die im
religiösen Bereich geradezu
Unmögliches verlangt:
Verknüpfung der Toleranz gegenüber
dem, was anders ist, mit
der Innigkeit eigener Vision des
Gottes. Aber vor allem
erfordert sie die Verknüpfung des
Dogmas, der Wahrheit vom
Fehler trennt und nur Wahrheit
zeigt, mit der Möglichkeit des
Irrens. Und es konnte nicht von der
Religionsfreiheit so lange
keine Rede sein, wie lange nur diese
Kategorien die Welt der
Religion bestimmte.
Doch ist die Idee der
Religionsfreiheit woanders zu
suchen als die institutionelle Welt
der Religion und die
Religionsdoktrin selbst. Es handelt
sich um den Bereich der
Theologie und des Sprechens über
Gott, und nicht über uns
selbst. Es musste auf theologische
Grundlagen dieser Freiheit
hingewiesen, und die Relation des
Menschen zu Gott als
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Relation der Freiheit akzeptiert
werden. Sie war sehr leicht zu
entdecken, obwohl es Jahrhunderte
gedauert hatte, bis es dazu
kam. Diese These lautet einfach,
doch mit großen
Konsequenzen für die Idee der
Freiheit: die erlösende Wirkung
Gottes gegenüber dem Menschen
basiert nicht auf dem Zwang.
Und weil „Gott keinen Zwang anwendet“,
kann dies auch
keine Religion tun und auch
diejenigen nicht, die den Glauben
den anderen vermitteln. Diese
Wahrheit verändert radikal den
Sinn der menschlichen Religiosität.
Zwang und Unterjochung
im religiösen Bereich ist jetzt eine
fundamentale Verletzung
der Natur des Glaubens und der Würde
des Menschen. Sowohl
das Zwingen der Menschen dazu,
irgendwelche Religion
anzunehmen, wie auch das Abhalten
vor dem Äußern ihrer
religiösen Anschauungen, zeugen von
der Fälschung des
Phänomens der Religiosität. Wer
diese Fälschung vornimmt,
negiert, dass der Gott dem Menschen
das Recht auf Freiheit
verliehen hat.
Deswegen war die Erklärung über die
religiöse Freiheit
(„Dignitatis humane“) vom 7.
Dezember 1965 vom
Standpunkt dieser Relation nichts
Überraschendes. Für alle
Menschen und nicht nur Katholiken
gedacht, zeigte sie
eindrucksvoll, dass die Freiheit dem
Gottesplan zugrunde liegt.
Statt der Verfolgung der „anders
glaubenden“ Menschen und
der „Bekehrung mit dem Schwert“
wurden darin Friede,
Versöhnung und Verständigung
angeboten. Man schlug
religiöse Freiheit vor, in der sich
die Kirche ausdrücklich
gegen den religiösen Zwang wandte,
indem sie das
„Vorschlagen der Wahrheit“ und nicht
„Zwingen zur
Wahrheit“ anbot. Das Recht eines
Menschen auf religiöse
Freiheit ist damit stärker geworden
als religiöse Institutionen.
Der Mensch soll frei vom Zwang sein,
auch im religiösen
Bereich. In der Religion ist kein
Platz für Zwang.
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Seit dieser wichtigen Erklärung sind
über 40 Jahre
verstrichen. Wir haben uns schon
daran gewöhnt, dass das
Zwingen der Menschen, eine Religion
anzunehmen, wie auch
sie vor dem Ausdrücken eigener
religiösen Anschauungen
abzuhalten, gar nicht der
Religiosität des Menschen dient.
Doch wenn man sie heute liest, kann
man leicht ersehen, dass
sie die zeitgenössischen Probleme
der Relation Freiheit –
Religion nicht löst. Gegenstand des
Rechts auf Freiheit ist
nicht der Inhalt der religiösen
Anschauungen. Anders gesagt:
es gibt darin keine Zustimmung für
solch eine Freiheit, dass
der Mensch „an irgendwas glauben“
dürfte, es gibt aber eine
Zustimmung, dass er „nicht zur
Religion genötigt wird“. Wenn
wir uns jedoch jedoch der heutigen
Erwartung des Menschen
gegenüber der Freiheit im religiösen
Bereich zuwenden, geht
immer häufiger eben um Forderung
einer solchen Freiheit: die
Möglichkeit zu haben (frei sein) für
den Glauben an
irgendwas. Solch ein Glauben führt
zur Privatisierung der
Religion. Ist jedoch wirklich die
Religion (und kann sie sein)
ein Glauben an irgendwas?
Religion ist die Art und Weise, auf
welche der Gott den
Menschen sucht, „auffordert“. Doch
er ruft ihn nach dessen
(menschlichen) Mass. Deswegen sind
immer Religionen eine
Angelegenheit Gottes, die vom
Menschen realisiert wird. Die
Suche nach dem Menschen vom Gott
existiert immer nur in
der Begegnung mit der Geschichte,
intellektuellen Kondition
des Menschen, mit seinem Willen,
Möglichkeiten usw. Sie
findet immer in einer
soziokulturellen und individuellen
Situation des Menschen (Individuums)
statt. Man kann sagen,
dass wir auf diese Suche immer mit
unseren menschlichen
Worten antworten. In der Konsequenz
einer solchen
Denkweise an die Religion
(Religionen), als „Antwort auf
Aufforderung“ zeigt sich, dass wir
hier eine wichtige Aufgabe
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zu erfüllen haben, für die auch
Freiheit engagiert werden muss,
und welche ohne Freiheit nicht zu
erfüllen ist. Es ist die
Aufgabe der Aufrechterhaltung der
Offenheit der Religion
sowohl auf vergangene Religionen,
also auf solche, bei denen
der Mensch „nicht imstande ist, zu
antworten“, aber auch
Offenheit auf solche, in die sich
unsere heutigen Antworten
verwandeln werden. Zusammen mit uns
entwickelt sich die
Religion zur „größeren
Vollkommenheit“, indem sie die Art
und Weise des Ausdrucks verändert
und neue Aspekte des
Glaubens offenbart usw. Dies kann
sie nicht ohne Akzeptanz
der Freiheit von sich selbst und der
anderen Religionen tun.
Man soll jedoch darin nicht die
Freiheit der Religion mit
der Gleichwertigkeit aller Glauben
verwechseln. Und dies ist
ein wichtiger Aspekt bei der
Diskussion über die Freiheit in
der modernen Welt. In der
zeitgenössischen Kultur, in der man
auch Inhalte des Glaubens mit der
Freiheit umfassen will,
haben wir am meisten damit zu tun.
Es handelt sich um eine
Verwechslung der Religion mit
Glauben. Es ist also ein Drama
des Angriffs von quasi Religionen
auf die ganze bisherige
Welt der Religion (P.Tillich). In
der Gefahr dieses Angriffs ist
meistens Freiheit des Glaubens „an
irgendwas“ verborgen.
Solch eine Freiheit wäre eine „Kapitulation“
vor Ansichten der
modernen Welt, und dass die Religion
nur unsere menschliche
Sache ist. Tatsächlich kann der
Mensch an irgendwas glauben,
doch das darf nicht mit der Religion
verwechselt werden.
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